Der Wunsch nach einem Kind ist für viele Paare eine ganz besondere Reise – und wenn es nicht gleich klappt, dann kann die Suche nach Antworten oft frustrierend sein. Eine häufig durchgeführte Untersuchung ist der "AMH-Wert" (Anti-Müller-Hormon), den viele Frauen im Zusammenhang mit ihrem Kinderwunsch kennen.

Er wird häufig als wichtiger Marker für die Fruchtbarkeit angesehen. Doch ist der AMH-Wert wirklich so aussagekräftig, wie oft behauptet wird? Und warum solltest du ihn nicht als alleiniges Maß für deine Fruchtbarkeit sehen?
Was ist der AMH-Wert eigentlich?
Das Anti-Müller-Hormon (AMH) ist ein Hormon, das in den Eierstöcken von Frauen produziert wird und dort mit den Eizellen zusammenhängt. Der AMH-Wert gibt an, wie viele Follikel sich gerade in der „rekrutierten“ Phase befinden – das heißt, es zeigt uns, wie viele Eizellen für den nächsten Eisprung bereit sind. Aber hier kommt der Knackpunkt: Der AMH-Wert sagt nichts darüber aus, wie viele Eizellen noch „in Reserve“ in den Eierstöcken vorhanden sind. Es geht also nicht darum, wie viele Eizellen du insgesamt hast, sondern nur um die Anzahl der Eizellen, die aktuell im „Reifungsprozess“ stehen.
AMH sagt nichts über die Qualität der Eizellen
Der AMH-Wert kann dir eine grobe Vorstellung davon geben, wie viele Eizellen „aktiv“ sind, aber leider sagt er nichts über die Qualität der Eizellen aus. Du kannst eine hohe Zahl an Follikeln und damit einen hohen AMH-Wert haben – und trotzdem könnten die Eizellen von schlechter Qualität sein, was die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Umgekehrt gibt es auch Frauen mit einem niedrigen AMH-Wert, deren Eizellen noch voll funktionsfähig sind und die eine Schwangerschaft ohne Probleme tragen können. Der AMH-Wert ist also überhaupt kein Garant für eine „gute“ Fruchtbarkeit.
AMH ist nur ein Teil des Ganzen
Fruchtbarkeit ist viel mehr als nur eine Zahl. Der AMH-Wert kann dir zwar einen Hinweis auf die Anzahl der rekrutierten Eizellen geben, aber er berücksichtigt nicht alle anderen Faktoren, die eine Rolle spielen – wie etwa die Gesundheit der Eileiter, hormonelle Schwankungen, das Alter, deinen Lebensstil oder mögliche Erkrankungen. AMH allein ist also kein Indikator dafür, wie es um deine Fruchtbarkeit steht. Es gibt Frauen mit niedrigem AMH-Wert, die trotzdem schwanger werden, und Frauen mit hohem AMH-Wert, bei denen die Schwangerschaft ausbleibt. Fruchtbarkeit ist einfach viel komplexer!
AMH-Wert verändert sich mit dem Alter
Ein weiterer wichtiger Punkt: Der AMH-Wert sinkt ganz natürlich mit dem Alter. Besonders in den 30ern und 40ern ist das ein normaler Teil des Alterungsprozesses der Eierstöcke. Ein niedriger AMH-Wert in diesen Jahren ist also häufig kein Grund zur Sorge, sondern einfach die biologische Realität. Es bedeutet nicht, dass du keine Kinder bekommen kannst! Im Gegenteil, viele Frauen mit niedrigem AMH-Wert haben dennoch keine Probleme, schwanger zu werden. Also keine Panik, wenn der Wert nicht so hoch ist wie in jungen Jahren.
AMH kann unnötigen Stress verursachen
Der AMH-Wert wird oft als eine Art „Schicksalsurteil“ verstanden, was unnötigen Stress verursachen kann. Gerade Frauen, deren Wert niedriger ist, geraten schnell in Panik und denken, dass ihre Fruchtbarkeit schon fast am Ende ist - was ich natürlich auch verstehen kann. Aber es ist schade, weil dieser Wert eben nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Bild deiner Fruchtbarkeit ist und hier nicht genügend Aufklärung erfolgt. Du solltest dich nicht auf diese Zahl konzentrieren und den Kopf hängen lassen. Dein AMH-Wert ist eine Momentaufnahme und sagt noch lange nichts über deine Chancen auf eine Schwangerschaft aus.
Die Bedeutung einer ganzheitlichen Sichtweise
Fruchtbarkeit ist ein ziemlich komplexes Thema, das von vielen verschiedenen Aspekten beeinflusst wird. Wenn du dich mit deinem Kinderwunsch beschäftigst, ist es wichtig, alle Faktoren zu berücksichtigen und nicht nur den AMH-Wert als alleinige Grundlage für deine Entscheidungen zu nehmen. Es geht nicht nur um die Anzahl der Eizellen, sondern auch um deinen allgemeinen Gesundheitszustand, das Alter, die Lebensgewohnheiten und wie dein Körper insgesamt funktioniert.
Mein Fazit
Der AMH-Wert gibt dir eine Idee davon, wie viele Eizellen sich im Reifungsprozess befinden, aber er sagt dir NICHT, wie viele Eizellen noch in „Reserve“ sind, und auch nicht, wie gut diese Eizellen sind. Er ist also nur ein kleiner Teil des Puzzles und sollte nie der alleinige Maßstab für deine Fruchtbarkeit sein. Wichtig ist, dass du dich nicht nur auf diese Zahl fixierst, sondern das Gesamtbild deiner Fruchtbarkeit in Betracht ziehst.
Denke daran: Ein niedriger AMH-Wert bedeutet nicht das Ende deines Traums von einer Schwangerschaft, es ist lediglich eine Momentaufnahme deiner aktuell rekrutierten Eizellen ;) Mit deiner Eizellreserve hat das wenig zu tun.
Alles Liebe,
Eure Tamina
Quellen & Literatur dazu:
Rabea Kiess (Hormon-Expertin und Autorin)
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